Ombudsstelle FIDLEG: Welche Finanzinstitute werden künftig von der Anschlusspflicht befreit?
Der Nationalrat hat während der Behandlung des Geschäfts zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT-Gesetz) kleinere Anpassungen am Entwurf des Bundesrats vorgenommen. Mit 117 zu 66 Stimmen hat der Nationalrat Art. 16 E-FINIG wie folgt geändert:
“Art. 16
Finanzinstitute, die nicht ausschliesslich gegenüber institutionellen oder professionellen Kundinnen und Kunden nach Artikel 4 Absätze 3 und 4 des Finanzdienstleistungsgesetzes vom 15. Juni 2018 (FIDLEG) Finanzdienstleistungen nach Artikel 3 Buchstabe c FIDLEG erbringen, müssen sich spätestens mit Aufnahme ihrer Tätigkeit einer Ombudsstelle nach den Bestimmungen des 5. Titels FIDLEG anschliessen.”
Der Ständerat hat die abgeänderte Vorlage des Nationalrats einstimmig angenommen. Nach Inkrafttreten der Änderungen des DLT-Gesetzes (voraussichtlich Mitte des Jahres 2021) müssen sich deshalb nur noch Finanzinstitute mit Privatkundinnen und -kunden (zwingend) einer Ombudsstelle anschliessen.
In Art. 4 Abs. 3 und 4 FIDLEG finden sich die Legaldefinitionen von institutionellen und professionellen Kundinnen und Kunden. Als Privatkundinnen und -kunden gelten alle Kunden, die keine professionellen oder institutionellen Kunden sind. Nach Art. 5 Abs. 1 und 2 FIDLEG besteht für vermögende Privatkundinnen und -kunden (und für diese errichtete private Anlagestrukturen) die Möglichkeit, gegenüber einem Finanzinstitut zu erklären, dass sie als professionelle Kunden gelten wollen (Opting-out).
Art. 16 E-FINIG verweist nur auf Art. 4 Abs. 3 und 4 FIDLEG und nicht auch auf die Opting-out-Bestimmung nach Art. 5 FIDLEG. Es stellt sich deshalb die Frage nach dem persönlichen Anwendungsbereich. Konkret: Können sich Finanzinstitute auf Art. 16 E-FINIG berufen, wenn Finanzdienstleistungen nach Art. 3 Bst. c FIDLEG an vermögende Privatkundinnen und -kunden mit Opting-out-Erklärung erbracht werden?
Nach Ansicht der vorbehandelnden Kommission des Nationalrats (Kommission für Wirtschaft und Abgaben NR) sollen durch Art. 16 E-FINIG kleine DLT-Handelssysteme entlastet werden. Weitere Hinweise zu Klärung der Frage finden sich im Protokoll zur Ratsdebatte nicht. Klar ist hingegen, dass die Ausnahmeregelung für (kleine) DLT-Handelssysteme gar nicht gilt, weil es sich um Finanzmarktinfrastrukturen und nicht um Finanzinstitute handelt (vgl. Art. 2 Bst. a Ziff. 5a E-FinfraG und Art. 2 Abs. 1 FINIG).
Unseres Erachtens ist nicht ersichtlich, weshalb professionelle Kunden (Art. 4 Abs. 3 FIDLEG) gegenüber vermögenden Privatkundinnen und -kunden mit Opting-out-Erklärung (Art. 5 FIDLEG) ein grösseres Bedürfnis haben sollten, sich (zwingend) an eine Ombudsstelle wenden zu können. Dies insbesondere, weil nicht jeder Privatkunde eine Opting-out-Erklärung abgeben kann, sondern nur solche, die (a) entsprechend ausgebildet, erfahren und vermögend sind oder (b) sehr vermögend sind (vgl. Art. 5 Abs. 2 FIDLEG).
Wie dargelegt, ist kein sachlicher Grund für eine Unterscheidung ersichtlich und der Sinn und Zweck der Bestimmung ist die Entlastung von Finanzinstituten, weshalb künftig auch für Finanzinstitute, die Finanzdienstleistungen an vermögende Privatkundinnen und -kunden mit Opting-out-Erklärung erbringen, keine Pflicht mehr besteht, sich einer Ombudsstelle anzuschliessen.
Für weitergehende Auskünfte wenden Sie sich bitte direkt an Dr. Hans Kuhn oder Sebastian Wälti.