Aktienrechtsrevision 2023 - Anpassungsbedarf bei den Statuten
Das neue Aktienrecht ist seit dem 1. Januar 2023 in Kraft. Die zweijährige Übergangsfrist läuft Ende 2024 aus. Unternehmen haben noch bis Ende 2024 Zeit, ihre Statuten an die neuen Bestimmungen anzupassen. Dieser Artikel beleuchtet, welche Gesellschaften davon betroffen sind, welche Handlungen vor Ablauf der Übergangsfrist vorzunehmen sind und was die Konsequenzen sind, falls die erforderlichen Anpassungen der Statuten ausbleiben.
Betroffene Gesellschaften
Das neue Aktienrecht ist per 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Ein Anpassungsbedarf der Unternehmensstatuten besteht insbesondere bei Aktiengesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), die vor dem 1. Januar 2023, also gemäss dem alten Aktienrecht, gegründet wurden. Gesellschaften, die nach Inkrafttreten des neuen Aktienrechts gegründet wurden, fallen automatisch unter das neue Recht und entsprechen bereits den neuen Aktienrechtsbestimmungen.
Neuerungen per 1. Januar 2023
Die Änderungen des neuen Aktienrechts haben wir bereits in unserer Beitragsreihe zur Aktienrechtsrevision detailliert erläutert. Zusammengefasst enthält die Aktienrechtsrevision die folgenden wesentlichen Neuerungen:
Die Generalversammlung muss nicht mehr zwingend als Präsenzversammlung durchgeführt werden. Zulässig sind neu auch hybride, schriftliche oder vollumfängliche virtuelle Generalversammlungen.
Das Aktienkapital kann neu auch auf eine ausländische Währung lauten, sofern diese Währung für die Geschäftstätigkeit wesentlich ist.
Der Aktien-Nennwert muss nur noch grösser als Null sein.
In den Statuten kann ein Kapitalband vorgesehen werden. Das Kapitalband ermöglicht dem Verwaltungsrat, flexibel während der Dauer von 5 Jahren, das Aktienkapital um bis zu 50 % zu erhöhen oder herabzusetzen.
Die Statuten können neu eine Schiedsgerichtsklausel vorsehen, wonach alle gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten nur noch vor ein Schiedsgericht gebracht werden können, statt vor ein staatliches Gericht.
Für die Einberufung der Generalversammlung wurde das Quorum von 10 % auf 5 % des Aktienkapitals oder der Stimmen bei börsenkotierten Gesellschaften herabgesetzt. Bei nicht-börsenkotierten Unternehmen wurde das Quorum von 10 % beibehalten.
Aktionäre, die zusammen 5 % des Aktienkapitals oder der Stimmen haben, können jederzeit die Geschäftsbücher und Akten einsehen.
Sollte das Bedürfnis bestehen, von den neuen Möglichkeiten des revidierten Aktienrechts zu profitieren, ist es empfehlenswert, die Statuten auf notwendige Anpassungen zu prüfen (z.B. mit Blick auf virtuelle oder hybride Generalversammlungen, die Einführung eines Kapitalbands oder von bedingtem Kapital). Dies gilt auch, wenn an Gewolltem festgehalten werden soll und die revidierten Gesetzesbestimmungen nun aber davon abweichen (z.B. in Bezug auf die Delegation der Geschäftsführung, welche gemäss revidiertem Aktienrecht bereits durch das Organisationsreglement möglich ist, soweit die Statuten nicht explizit etwas anderes vorsehen).
Vorgehen bei einer Statutenänderung
Möchte eine Gesellschaft ihre Statuten ändern oder anpassen, so ist es unerlässlich, eine Generalversammlung einzuberufen. Diese muss grundsätzlich mindestens 20 Tage vor dem Termin der Versammlung angekündigt werden, es sei denn, sämtliche Aktien sind vertreten und kein Aktionär erhebt gegen die Versammlung oder einzelne Traktanden Widerspruch (Universalversammlung). Während der Generalversammlung werden die neuen Statuten beschlossen, der Beschluss durch eine Urkundsperson öffentlich beurkundet und die Statuten beglaubigt. Abschliessend ist die Statutenänderung beim Handelsregister anzumelden.
Was passiert, wenn die Statuten nicht angepasst werden?
Während der Übergangsfrist behalten die Statuten ihre Gültigkeit. Mit Ablauf dieser Frist am 31. Dezember 2024 werden jedoch alle Statutenbestimmungen, die nicht mit den neuen gesetzlichen Regelungen vereinbar sind, automatisch für ungültig erklärt und durch die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften ersetzt. Dies bedeutet, dass künftig zur Ermittlung der geltenden Bestimmungen sowohl die Statuten als auch das Gesetz berücksichtigt werden müssen. Aktionäre bzw. Gesellschafter können sich nicht mehr uneingeschränkt auf die Inhalte der Statuten verlassen, was die Rechtssicherheit beeinträchtigen kann. Zudem laufen sie Gefahr, dass sie nicht von den Möglichkeiten der modernisierten aktienrechtlichen Bestimmungen profitieren können oder das von ihnen bis anhin Gewollte nach neuem Recht nicht mehr gilt.
Es besteht jedoch keine Verpflichtung zur Anpassung der Statuten. Wie bereits erwähnt, werden ungültige Statutenbestimmungen durch die gesetzlichen Regelungen ersetzt.
Unsere Handlungsempfehlungen
Aus Gründen der Rechtssicherheit und um weiterhin klare und transparente Bestimmungen in den Statuten zu haben, ist es deshalb empfehlenswert, die Statuten an die neue Gesetzgebung anzupassen. Eine Statutenänderung ist mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden, da die Statuten durch den Verwaltungsrat zunächst ausgearbeitet und von der Generalversammlung angenommen werden müssen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, auch zeitnah mit der Vorbereitung zu beginnen.
Balthasar Wicki, Vivien Keiser und Arife Asipi können Sie bei der Ausarbeitung der Statuten unterstützen und stehen Ihnen auch bei Fragen zum Thema Aktienrechtsrevision gerne zur Verfügung.
Einen umfassenden Überblick zu den einzelnen Neuerungen der Aktienrechtsrevision bieten die folgenden Beiträge von Wicki Partners AG:
Aktienrechtsrevision | Teil 1: Kapital und Reserven
Aktienrechtsrevision | Teil 2: Elektronische Mittel in der Generalversammlung
Aktienrechtsrevision | Teil 3: Die Stärkung von Aktionärsrechten
Aktienrechtsrevision | Teil 4: Die Umsetzung von Art. 95 Abs. 3 BV in der Aktienrechtsrevision