Unklare Eigentumsverhältnisse bei Aktiengesellschaften

Gemäss Reto Leisi von der Credit Suisse ist bei etwa zwei Dritteln aller Schweizer KMU die Eigentumsstruktur unklar. Dieser Umstand bleibt oft lange Zeit unbemerkt, da zum einen Aktien von KMU nicht oft übertragen werden und zum anderen eine fehlerhafte Übertragung oft erst bei einer gründlichen Due Diligence Prüfung oder in einem Streitfall auffällt.

Die Eigentumsverhältnisse sind vor allem bei Umstrukturierungen, Nachfolgregelungen oder bei Finanzierungsrunden relevant. Die Eigentumsverhältnisse können aber auch bei Streitigkeiten unter Aktionären bedeutsam sein, ein Aktionär kann seine Rechte nur wahrnehmen, wenn er das Eigentum der Aktien nachweisen kann. Die Problematik betrifft sowohl gestandene Unternehmen, bei denen es um eine Nachfolge geht, als auch Start-Up’s, bei welchen sich die Eigentumsverhältnisse durch Finanzierungsrunden immer wieder ändern können.

Eine korrekte Aktienübertragung benötigt sowohl ein Verpflichtungsgeschäft sowie ein Verfügungsgeschäft. In der Praxis wird oft nur ein Verpflichtungsgeschäft bspw. ein Kaufvertrag abgeschlossen aber die effektive Eigentumsübertragung, das Verfügungsgeschäft, geht vergessen. Wurden die Aktien als Urkunden ausgegeben, fällt dies meist auf. Es gibt jedoch genügend Fälle, bei denen im Zeitpunkt der Übertragung nicht mehr alle Aktienzertifikate auffindbar sind und diese allenfalls erst für ungültig erklärt werden müssen.

Heute verzichten jedoch viele Schweizer Unternehmen auf die Ausgabe von Urkunden und haben die Namenaktien als Wertrechte ausgestaltet. Die Schaffung von Wertrechten ist daher nichts Ungewöhnliches. In Bezug auf die Verwendung von Wertrechten, lassen sich zwei Modelle unterscheiden: Beim Namenaktienmodell mit aufgeschobenem Titeldruck werden Aktien oder Aktienzertifikate nur ausgegeben, wenn der Aktionär dies verlangt; im Übrigen bestehen die Namenaktien nur als Wertrechte. Beim Namenaktienmodell mit aufgehobenem Titeldruck entfällt der Anspruch auf Druck und Auslieferung von Aktien vollständig.

Zusätzlich zum Wertrechtebuch ist ein Aktienbuch zu führen, wobei ein Unternehmen dieses kombinieren könnte. Erst, wenn ein Aktionär mit Namen und Adresse eingetragen ist, hat er ein Stimmrecht und ein Anrecht auf die Dividende (Art. 686 OR). Bei einer Vinkulierung der Aktien, kann die Gesellschaft eine Eintragung allenfalls verweigern. Wobei bei einer Nachfolgeplanung eines KMUs der neue Aktionär auch vielfach die operative Leitung wahrnimmt und somit bspw. ein Anrecht auf Dividende gar nicht erst in Frag gestellt wird.

Eine Übertragung (Zession) hat schriftlich zu erfolgen. Bevor eine Gesellschaft Handlungen eines Aktionärs zulässt, kann sie einen Nachweis des Eigentums verlangen. Wird das Eigentum in einem Streitfall bestritten, muss der Eigentumsnachweis vor Gericht erbracht werden. Ein Fehler in der Zessionskette führt dazu, dass die Übertragung sowie auch die nachfolgenden Übertragungen nicht rechtskonform erfolgt sind und somit keine Übertragung der Aktien erfolgt ist. Wer nämlich behauptet, Aktionär einer Gesellschaft zu sein, hat den Nachweis einer lückenlosen Zessionskette zu erbringen. Eine Anerkennung durch die durch die Gesellschaft entbindet nicht vom Nachweis (vgl. Urteile BGer 4A_314/2016 und 4A_320/2016 vom 17. November 2016 E. 4.2.3). Eine nachträgliche Bereinigung der Zessionskette kann schnell mühsam und zeitraubend werden.

In vielen Fällen bleiben solche unklaren Eigentumsverhältnisse lange unbemerkt. Ein Urteil des Handelsgerichts Zürich vom November 2018 (HG160228) hat aber wieder einmal gezeigt, dass dies kein theoretisches Problem ist. In diesem Fall konnte lediglich das Verpflichtungsgeschäft aber nicht das Verfügungsgeschäft bewiesen werden. Die Aktionärsstellung konnte daher nicht bewiesen werden, was dazu führte, dass der Kläger auch keine Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen ergeben konnte. Er konnte somit seine Aktionärsrechte nicht wahrnehmen.

Um solche unangenehmen Situationen zu vermeiden, sollten die Eigentumsverhältnisse in ruhigen Phasen geprüft werden. Bei einer Transaktion sind sowohl Käufer wie auch Verkäufer gut beraten, die Eigentumsverhältnisse vorgängig zu prüfen.

Möchte man als Unternehmen und Aktionäre einen grösseren Papierkrieg vermeiden, kann man sich mittlerweile auch für digitale Lösungen entscheiden. So bieten verschiedene Banken Lösungen zur Führung von digitalen Aktien an (bspw. Credit Suisse). Ausserdem gibt es mittlerweile auch erste Projekte welche die Blockchain – Technologie zur Führung von digitalen Aktienregistern und Aktien einsetzen (bspw. DAURA / SIX Digital Exchange).


Bei Fragen zur rechtskonformen Übertragung von Aktien stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Dieser Beitrag wurde von RA Yves Gogniat verfasst.

Ihre Ansprechpartner: Balthasar Wicki, Hans Kuhn