Nachlassstundung: Weg zur finanziellen Sanierung

Die Zahl der Unternehmen, die in einer Krise stecken, ist aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten und Herausforderungen, wie den Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie, konjunkturellen Entwicklungen und globalen Marktschwankungen, hoch. Die Nachlassstundung bietet eine wichtige Möglichkeit zur Stabilisierung und Sanierung eines Unternehmens. Wir beleuchten die rechtlichen Grundlagen, das Verfahren und die praktischen Herausforderungen der Nachlassstundung in der Schweiz.

Bedeutung der Nachlassstundung

Die Nachlassstundung ist ein Instrument des schweizerischen Sanierungsrechts, mit welchem ein drohender Konkurs abgewendet und das wirtschaftliche Fortkommen eines Unternehmens langfristig gesichert werden soll. Ihre gesetzliche Grundlage findet die Nachlassstundung in den Art. 293 ff. des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG). Die Nachlassstundung steht jeder natürlichen oder juristischen Person zu, die als Schuldnerin auf Pfändung oder auf Konkurs betrieben werden kann.

Die Nachlassstundung verfolgt primär das Ziel der Sanierung und Fortführung des Schuldnerunternehmens und unterscheidet sich damit grundlegend vom Konkursverfahren, das ebenfalls im SchKG geregelt ist. Bei diesem wird das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös an die Gläubiger verteilt, was zur Zerschlagung des Unternehmens und zur Auflösung aller Geschäftstätigkeiten führt (Art. 197 ff. SchKG).

Die Nachlassstundung bietet eine präventive Lösung, die darauf abzielt, die Insolvenz zu vermeiden. Dem Schuldner wird eine Atempause (die Stundung) gewährt, während welcher Zwangsvollstreckungen ausgesetzt sind. Er erhält dadurch die Gelegenheit, unter Überwachung eines Sachwalters einen Sanierungsplan zu erarbeiten, um seine finanzielle Situation zu stabilisieren, während der operative Betrieb des Unternehmens weiterlaufen kann.

Im Erfolgsfall wird durch die Nachlassstundung der Konkurs des Unternehmens abgewendet und damit gleichzeitig der Schaden für Gläubiger vermieden, oder zumindest im Vergleich zu einem Konkursverfahren deutlich vermindert. Durch die Ermöglichung der Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit kann die Nachlassstundung auch zur Rettung von Arbeitsplätzen (auch in Zuliefer- und Kundenunternehmen), zur Sicherung von Finanzierungen sowie zur Fortführung wichtiger Geschäftsbeziehungen beitragen.

Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann die Nachlassstundung daher ein wertvolles Instrument zur Stabilisierung und Restrukturierung von Unternehmen in der Krise darstellen.

Wann ist eine Nachlassstundung geeignet?

Ist eine natürliche oder juristische Person überschuldet oder befindet sich in einer akuten Liquiditätskrise und kann daher ihren laufenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, kann sie beim zuständigen Gericht ein Gesuch um Nachlassstundung einreichen (Art. 293 SchKG). Ein solches Gesuch durch den Schuldner macht aber nur dann Sinn, wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind, insbesondere:

  1. Realistische bzw. tatsächliche Sanierungsaussichten: Eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Nachlassstundung ist das Vorhandensein realistischer Sanierungsaussichten. Der Schuldner muss dem Gericht glaubhaft machen, dass durch die Stundung eine Sanierung des Unternehmens möglich ist.

  2. Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Gläubigern: Eine Nachlassstundung ist geeignet, wenn der Schuldner bereit ist, aktiv mit seinen Gläubigern zusammenzuarbeiten. Der Sanierungsplan muss die Interessen der Gläubiger berücksichtigen und mit ihnen zusammen ausgearbeitet werden, und es bedarf deren Zustimmung, um einen Nachlassvertrag zu schliessen.

  3. Bedarf nach Schutz vor Vollstreckungsmassnahmen: Eine Nachlassstundung ist besonders dann geeignet, wenn der Schuldner vor Vollstreckungsmassnahmen geschützt werden muss, um die notwendigen Sanierungsmassnahmen durchführen zu können. Während der Nachlassstundung können Betreibungen gegen den Schuldner weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (Art. 297 Abs. 1 SchKG).

Besondere Vorteile hat die Nachlassstundung in folgenden Fällen:

  • Komplexe Unternehmensstrukturen: Unternehmen mit komplexen Strukturen und einer grossen Anzahl von Gläubigern können von einer Nachlassstundung profitieren, da sie Zeit für umfassende Restrukturierungsmassnahmen, Finanzierungs- oder andere Transaktionen und Verhandlungen benötigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine signifikante Anzahl von Arbeitsplätzen gesichert werden soll und eine (ungeordnete) Insolvenz erhebliche wirtschaftliche, volkswirtschaftliche und soziale Folgen hätte.

  • Vorbereitung eines geordneten Liquidationsverfahrens: Falls eine Sanierung nicht möglich ist, kann die Nachlassstundung auch dazu genutzt werden, eine wertschonende Liquidation vorzubereiten. Dies kann bedeuten, dass Vermögenswerte in einer Weise verkauft werden, die den Gläubigern eine bessere Befriedigung ihrer Forderungen ermöglicht als im Fall eines Konkurses.

 Wie läuft ein Nachlassverfahren ab?

1.      Gesuch um provisorische Nachlassstundung

Das Nachlassverfahren beginnt mit der Einreichung eines Antrags auf Gewährung der provisorischen Nachlassstundung beim zuständigen Gericht (in den meisten Fällen das Bezirksgericht am Sitz des Schuldners). Im Antrag auf Gewährung der Nachlassstundung muss aufgezeigt werden können, dass eine Aussicht auf Sanierung besteht. Dazu muss am besten der Entwurf eines Sanierungsplans vorgelegt werden (Art. 293 lit. a SchKG).

Das Gesuch muss Aufschluss über die finanzielle Situation des Schuldners geben, und darlegen, wie er beabsichtigt diese zu bereinigen. Hierfür müssen gemäss Art. 293 lit. a SchKG eine aktuelle Bilanz, eine Erfolgsrechnung und eine Liquiditätsplanung sowie ein provisorischer Sanierungsplan oder der Entwurf eines Nachlassvertrages dem Gericht eingereicht werden. Die Finanzierung während der Nachlassstundung muss gesichert sein.

2.      Gewährung der provisorischen Nachlassstundung

Nach Eingang des Antrags prüft das Nachlassgericht, ob der Antrag nicht offensichtlich aussichtslos ist. Aussichtslosigkeit bedeutet, dass offensichtlich keine Aussicht auf Sanierung oder Bestätigung eines Nachlassvertrages besteht. In solchen Fällen wird der Abtrag abgelehnt und das Nachlassgericht eröffnet von Amtes wegen den Konkurs (Art. 293a Abs. 3 SchKG). Ist das Gesuch nicht offensichtlich aussichtslos, gewährt das Gericht eine vorläufige Nachlassstundung für die Dauer von maximal vier Monaten (Art. 293a Abs. 2 SchKG). Diese vorläufige Nachlassstundung kann auf maximal acht Monate verlängert werden.

Es wird ein provisorischer Sachwalter bestellt, der die Vermögenslage des Schuldners und die Erfolgsaussichten der Sanierung überprüft und dem Nachlassgericht hierüber Bericht erstattet. Damit sich der provisorische Sachwalter ein vertieftes und umfassendes Bild über die aktuelle und die künftig zu erwartende finanzielle Situation des Schuldners machen kann, ist ihm der Schuldner vollumfänglich auskunftspflichtig. Auch Abklärungen bei Hauptgläubigern (z.B. betreffend die Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei der Schuldensanierung) oder bei Dritten (Aktionären, Interessenten für den Erwerb von Aktiven etc.) werden in dieser Phase vorgenommen.

Der Sachwalter hat spätestens zum Ende der provisorischen Nachlassstundung hin dem Gericht einen Bericht einzureichen, in dem er eine Beurteilung der Sanierungschancen abgibt.

Zentral in der Phase der provisorischen Nachlassstundung ist, dass mittels eines Liquiditätsplans überwacht werden kann, dass die Finanzierung des Verfahrens sichergestellt ist. Sofern die liquiden Mittel der Schuldnerin dafür nicht ausreichen, kann ein Überbrückungsdarlehen, z.B. eines nahestehenden Gläubigers oder eines Gesellschafters, erforderlich sein.

Die Gewährung der provisorischen Nachlassstundung wird auf Gesuch vorerst (d.h. bis zu dessen Abschluss) nicht veröffentlicht (sog. stille Nachlassstundung), sofern der Schutz Dritter gewährleistet ist (Art. 293c Abs. 2 SchKG). Dies erlaubt dem Schuldner, während der provisorischen Nachlassstundung ohne wirtschaftlichen Schaden einen Nachlassvertrag auszuhandeln. Im Erfolgsfall kann mit der Veröffentlichung des Nachlassverfahrens zugleich eine gerichtlich bestätigte tragfähige Lösung präsentiert werden (z.B. Unternehmensübernahme), was den wirtschaftlichen Schaden deutlich vermindert.

3.      Antrag auf definitive Nachlassstundung

Wenn während der provisorischen Stundung weiterhin die Aussicht auf Sanierung oder Bestätigung eines Nachlassvertrags besteht, bzw. der Bericht des Sachwalters dies bestätigt, bewilligt das Nachlassgericht auf entsprechenden Antrag des Schuldners die Stundung definitiv (Art. 294 Abs. 1 SchKG). Hierfür führt das Nachlassgericht vor Ablauf der provisorischen Nachlassstundung eine Verhandlung durch, anlässlich welcher es darüber entscheidet, ob eine definitive Nachlassstundung erteilt werden kann oder ob der Konkurs über den Schuldner zu eröffnen ist. Zu dieser Verhandlung werden der Schuldner zur Befragung und der Sachwalter zur Berichterstattung vorgeladen (Art. 294 Abs. 2 SchKG).

Diese definitive Nachlassstundung von vier bis sechs Monaten kann auf Antrag des Sachwalters in besonders komplexen Fällen bis maximal 24 Monate erstreckt werden (Art. 295b Abs. 1 SchKG). Während dieses Zeitraums halten die Wirkungen der provisorischen Nachlassstundung an. Damit hat das Unternehmen wieder einige Monate Zeit, um den Sanierungsplan dann umzusetzen.

Die definitive Nachlassstundung, anders als die provisorische Nachlassstundung, ist in jedem Fall öffentlich bekannt zu machen (Art. 296 SchKG).

4.      Ausarbeitung des Nachlassvertrags

Der Nachlassvertrag ist ein Übereinkommen zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern. Ziel dieser Vereinbarung ist, eine geordnete Schuldenbereinigung zu ermöglichen ohne den Schuldner zwingend in den Konkurs zu treiben.

Der Sachwalter unterstützt bei der Ausarbeitung des Nachlassvertrag, indem er unter anderem die Aktiva und Passiva des Schuldners erfasst und bewertet sowie ein Gläubigerverzeichnis erstellt. Das Gläubigerverzeichnis ist die vollständige Liste aller Gläubiger und Forderungen und dient als Basis für die weiteren Verhandlungen.

Der eigentliche Nachlassvertrag beziehungsweise das dahinterstehende Sanierungskonzept wird in enger Zusammenarbeit mit dem Sachwalter ausgearbeitet (siehe unten).

5.      Ende des Nachlassverfahrens

Das Nachlassverfahren kann auf verschiedene Arten ein Ende finden: Durch erfolgreiche Sanierung, durch Zustandekommen eines Nachlassvertrags oder durch Konkurs.

a. Erfolgreiche Sanierung

Wenn der Schuldner die Liquiditätskrise überwinden und alle Gläubiger vollständig befriedigen konnte, kann er oder kann der Sachwalter beim Nachlassgericht einen Antrag auf Aufhebung der Nachlassstundung stellen. Das Nachlassverfahren diente dann als Zeitaufschub für den Schuldner um sich aus eigener Kraft zu sanieren.

Das Nachlassgericht wird dem Antrag auf Aufhebung der Nachlassstunde entsprechen, wenn die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit beseitigt worden ist und dies durch den Schuldner belegt werden kann.

b. Bestätigung des Nachlassvertrags

Das Nachlassgericht hat den Nachlassvertrag zu bestätigen. Dafür ist zwingend vorausgesetzt, dass nachgewiesenermassen alle Massaverbindlichkeiten und privilegierten Forderungen gedeckt sowie die nötige Anzahl von Zustimmungen (sogenanntes Quorum) erreicht wurden. Der Nachlassvertrag muss zudem zur Genehmigung den tatsächlichen Möglichkeiten des Schuldners entsprechen.

Das Quorum kann auf zwei verschiedene Arten erreicht werden: Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger, die gleichzeitig zwei Drittel der Forderungssumme vertreten oder Zustimmung eines Viertels der Gläubiger, die gleichzeitig drei Viertel der Forderungssumme vertreten.

Das Gesetz sieht zwei Varianten von Nachlassverträgen vor, wobei auch Mischvarianten und abgewandelte Varianten (z.B. kombiniert mit einer Stundung) möglich sind:

a)      Ordentlicher Nachlassvertrag (Art. 314-316 SchKG)

Im Rahmen eines ordentlichen Nachlassvertrags werden sämtliche privilegierten Gläubiger vollständig befriedigt und es findet eine teilweise Befriedigung der übrigen Gläubiger statt. Für letztere bedeutet dies, dass sie mit der Zustimmung zum Nachlassvertag einen teilweisen Verlust beziehungsweise eine nur teilweise Deckung ihrer Forderung in Kauf nehmen (sog. Schuldenschnitt). Für den Schuldner bedeutet dies, dass er bei Zustandekommen des Nachlassvertrags von allen Nachlassforderungen befreit und somit saniert ist.

b)      Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 317-331 SchKG)

Kann der Schuldner nicht gerettet werden, bzw. ist die Schuldenlast im Verhältnis zu den vorhandenen Mitteln zu hoch um eine Sanierung zu erreichen, kann der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zum Zug kommen. Der Schuldner überträgt dann das gesamte Vermögen an die Gläubiger. Ein durch die Gläubiger gewählter Liquidator übernimmt in diesen Fällen die Versilberung sämtlicher Vermögenswerte. Anschliessend wird dieser Erlös unter den Gläubigen, analog zum Konkurs, verteilt. Der Schuldner wird bei diesem Vorgehen liquidiert.

c. Konkurs

Besteht keine Aussicht mehr auf Sanierung muss der Sachwalter dies dem Gericht anzeigen, woraufhin dieses den Konkurs über den Schuldner eröffnet. Gleiches gilt, wenn mangels Zustimmung der Gläubiger kein Nachlassvertrag zustande gekommen ist, bzw. dieser durch das Gericht nicht bestätigt werden konnte (Art. 309 SchKG).

Auswirkungen auf die Gläubiger

Die Nachlassstundung bewirkt keine Fälligkeit aller Schuldverpflichtungen des Schuldners, und es findet keine Umwandlung von Forderungen, welche nicht auf Geldzahlung gehen, in Geldforderungen statt.

Gegen den Schuldner eingeleitete Zivil- und Verwaltungsverfahren sind während der Nachlassstundung von Gesetzes wegen sistiert; neue Verfahren können nicht eingeleitet werden (Art. 293c Abs. 1 SchKG i.V.m. Art. 297 Abs. 5 SchKG). Betreibungen gegen den Schuldner können weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (Art. 297 Abs. 1 SchKG); Arrest und andere Sicherungsmassnahmen sind ausgeschlossen (Art. 297 Abs. 3 SchKG). Die übrigen gesetzlichen Wirkungen der Nachlassstundung auf Forderungen gegenüber den Schuldner richten sich nach Art. 297 ff. SchKG. Insbesondere stehen Verjährungs- und Verwirkungsfristen still und der Zinsenlauf für nicht pfandgesicherte Forderungen hört auf.

Wichtig sind die gesetzlichen Bestimmungen zum Verrechnungsrecht (Art. 213 Abs. 2 i.V.m. Art. 293 Abs. 1 SchKG), insbesondere auf das Verbot der Verrechnung mit Schulden bzw. Forderungen, die eine Gläubiger nach dem Eröffnungstag erworben hat: Sollte ein Gläubiger (z.B. durch Zession oder Schuldübernahme) nach dem Eröffnungsdatum (i) als Schuldner/in des Unternehmens Forderungen gegen das Unternehmen oder (ii) als Gläubiger/in des Unternehmens Verbindlichkeiten gegenüber des Unternehmens erwerben, ist die Verrechnung dieser Schulden/Forderungen ausgeschlossen. Nur Forderungen und Schulden dürfen durch einen Gläubiger verrechnet werden, welche bereits vor dem Zeitpunkt der Gewährung der Nachlassstundung erworben wurden.

Besonderes Augenmerk verdienen Dauerschuldverhältnisse, d.h. Verträge (Aufträge, Arbeitsverträge, Mietverträge, Werkverträge etc.) im Nachlass. Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen, die vor der Nachlassstundung entstanden sind, gelten als sog. Nachlassschulden (d.h. Schulden, die unter die Stundung fallen), und Forderungen, die für Leistungsbezüge anfallen, die mit Zustimmung des Sachwalters nach der Nachlassstundung anfallen, gelten als sog. Massa-Schulden (bzw. Masseforderung). Sie geniessen das Privileg gemäss Art.310 Abs. 2 SchKG, dass sie während der Nachlassstundung laufend bezahlt werden.

Die Gläubiger sind gut beraten, die Dauer der provisorischen Nachlassstundung dazu zu nutzen, ihre Forderungen gegenüber dem Unternehmen sauber zu dokumentieren und allfällige Unklarheiten mit dem Unternehmen zu klären. Dafür steht auch der Sachwalter zur Verfügung. So sind die Gläubiger dann gerüstet, im Rahmen der Vorbereitung eines Nachlassvertrages geklärte Forderungen anzumelden. Gläubiger können erwarten, dass der Sachwalter periodisch über den Stand und den Fortschritt des Nachlassverfahrens orientiert.

Die Rolle des Sachwalters

Wie durch die vorgehenden Ausführungen ersichtlich, hat der Sachwalter als neutrales Bindeglied zwischen Schuldner, Gläubigern und dem Nachlassgericht eine zentrale Rolle in Nachlassverfahren.

  • Überwacher und Unterstützer: Der Sachwalter überwacht und kontrolliert die Tätigkeit des Schuldners und erteilt ihm Weisungen (z. B Einschränkungen des Verfügungsrechts über das Vermögen). Der Schuldner führt den Betrieb während der Nachlassstundung unter Aufsicht des Sachwalters weiter.

Der Sachwalter agiert als Unterstützer des Schuldners bei der Entwicklung eines Sanierungskonzept und führt bzw. moderiert in diesem Zusammenhang die Verhandlungen mit den Gläubigern.

  • Organisator und Informationsstelle: Der Sachwalter publiziert und verschickt den Schuldenruf, erstellt das Inventar und den Vermögensstatus des Schuldners.

Insbesondere die Erstellung eines detaillierten Inventars der Vermögenswerte und Schulden des Schuldners, also eine vollständige Auflistung aller Gläubiger und ihrer Forderungen (Gläubigerverzeichnis) gehört zu den organisatorischen Hauptaufgaben des Sachwalters. Hinzu kommen gegebenenfalls auch eine summarische Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der geltend gemachten Forderungen, sollte deren Bestand nicht klar oder unbestritten sein.

Als Informationsstelle ist der Sachwalter in fortlaufender Kommunikation mit den Gläubigern über den Stand der Umsetzung des Sanierungskonzept.

Der Sachwalter beruft ausserdem die Gläubigerversammlung ein. Dies ist eine Orientierungsversammlung, an welcher der Sachwalter über den Status und den Verlauf der Nachlassstundung, die finanzielle Situation des Schuldners sowie den beabsichtigten Nachlassvertrag informiert. Anlässlich der Gläubigerversammlung werden im Fall eines Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung die Liquidationsorgane gewählt (Liquidator und Gläubigerausschuss). Eine Gläubigerversammlung dient nicht dazu, eine Abstimmung für oder gegen den Nachlassvertrag abzuhalten. Die Gläubiger geben ihre Zustimmungen zum Nachlassvertrag schriftlich nach der Gläubigerversammlung ab.

  • Berichterstatter: Wie bereits dargestellt ist es zudem die Aufgabe des Sachwalters am Ende der Nachlassstundung einen Bericht für das Nachlassgericht zu verfassen. Der sogenannte Sachwalterbericht dient dazu das Nachlassgericht über den Verlauf der Nachlassstundung zu orientieren und die finanzielle Situation des Schuldners darzustellen. Zudem wird das Gericht durch den Sachwalter über den beabsichtigten Nachlassvertrag sowie die erfolgten Zustimmungen der Gläubiger zum Nachlassvertrag informiert. Der Sachwalterbericht dient dem Nachlassgericht als Grundlage für den Entscheid betreffend Bestätigung oder Ablehnung des Nachlassvertrages.

Der Sachwalter ist mit seinen unterschiedlichen Rollen ein wichtiger Akteur in einem Nachlassverfahren dar. Die Anforderungen an die fachlichen und persönlichen Eigenschaften eines Sachwalters sind daher hoch, da seine Tätigkeit entscheidend für den Erfolg des Nachlassverfahrens ist.

Ein Sachwalter muss über tiefgehende Kenntnisse im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht sowie im Vertragsrecht verfügen. Gleichzeitig sind fundierte Kenntnisse in Finanz- und Rechnungswesen sowie in der Betriebswirtschaft notwendig. Diese Fähigkeiten ermöglichen es dem Sachwalter, wirtschaftliche Sanierungskonzepte zu bewerten und zu entwickeln. Er muss in der Lage sein, die finanzielle Lage des Schuldners präzise zu analysieren und realistische Sanierungspläne zu erstellen.

Neben den fachlichen Kompetenzen sind bestimmte persönliche Eigenschaften für einen erfolgreichen Sachwalter unabdingbar. Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit zur Konfliktlösung sind essenziell, da der Sachwalter oft zwischen den unterschiedlichen Interessen von Schuldnern und Gläubigern vermitteln muss. Ein Sachwalter muss unabhängig und objektiv agieren können, um Entscheidungen zum Wohl aller Beteiligten zu treffen. Diese Unparteilichkeit ist entscheidend, um das Vertrauen aller Parteien zu gewinnen und zu erhalten.

Sorgfalt und Genauigkeit in der Dokumentation und Berichterstattung sind ebenfalls von grosser Bedeutung. Der Sachwalter ist verpflichtet, detaillierte Berichte über den Verlauf des Verfahrens und die finanzielle Situation des Schuldners zu erstellen. Diese Berichte dienen als Grundlage für die Entscheidungen des Nachlassgerichts und der Gläubiger.

Darüber hinaus muss der Sachwalter Empathie und Durchsetzungsvermögen besitzen. Er muss in der Lage sein, auf die Anliegen der Gläubiger und des Schuldners einzugehen, dabei aber auch die Durchsetzung notwendiger Massnahmen gewährleisten. Diese Balance zwischen Verständnis und Entschlossenheit ist oft der Schlüssel für das Vertrauen der Gläubiger in das Nachlassverfahren und damit auch für den Erfolg einer Sanierung.

Die Nachlassstundung als untergenutztes Instrument?

Die Nachlassstundung in der Schweiz stellt, wie dargelegt, ein wertvolles Instrument zur Bewältigung von Krisen und wirtschaftlichen Sanierung von Unternehmen dar, die in eine finanzielle Krise geraten sind. Sie ermöglicht es den betroffenen Unternehmen, durch einen temporären Schutz vor Zwangsvollstreckungen gemeinsam mit einem Sachwalter einen Sanierungsplan zu erarbeiten.

Eine erfolgreiche Nachlassstundung kann den Konkurs abwenden, den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens sichern und den Schaden für die Gläubiger minimieren. Sie trägt somit nicht nur zur Stabilisierung des Unternehmens, sondern auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Geschäftsbeziehungen bei. In diesem Prozess steht der Sachwalter den Parteien in allen Phasen zur Seite als Überwacher, Unterstützer, Organisator und Berichterstatter.

Allerdings ist die Nachlassstundung nur dann sinnvoll, wenn realistische Sanierungsaussichten bestehen und der Schuldner bereit ist, aktiv mit seinen Gläubigern zusammenzuarbeiten. Ausserdem ist das Nachlassstundungsverfahren komplex und erfordert umfangreiche Kenntnisse und Ressourcen. Die Unsicherheit über den Erfolg einer Sanierung kann die Bereitschaft der Gläubiger, an einer Nachlassstundung teilzunehmen, verringern.

Trotz der Herausforderungen und Komplexitäten, die mit der Durchführung einer Nachlassstundung verbunden sind, stellt die Nachlassstundung ein wertvolles Instrument des schweizerischen Insolvenzrechts dar.

Zum einen werden Gläubigerinteressen besser geschützt, da die Nachlassstundung die Gelegenheit bietet, die Vermögenswerte des Unternehmens geordnet zu verwerten, anstatt sie im Rahmen einer Zwangsversteigerung unter Wert verkaufen zu müssen. Dies kann den Gesamtwert der Verwertung erhöhen und somit den Gläubigern eine höhere Rückzahlung ihrer Forderungen ermöglichen.

Und zum anderen bietet der Nachlassstundungsprozess eine einmalige Gelegenheit, um notwendige Restrukturierungsmassnahmen vorzunehmen, welche das Unternehmen optimieren mit dem Ziel, langfristig wieder wettbewerbsfähig zu werden und zu bleiben. Eine erfolgreiche Sanierung durch die Nachlassstundung kann dem Unternehmen eine langfristige Perspektive bieten. Dies schafft Vertrauen bei Kunden, Lieferanten und Investoren und ermöglicht dem Unternehmen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Angesichts dieser Vorteile sollte die Nachlassstundung stets früh genug in Erwägung gezogen werden, wenn realistische Sanierungsaussichten bestehen. nach unserer Erfahrung wird diese wirkungsvolle Massnahme von vielen Verwaltungsräten meist eher zu spät in Erwägung gezogen.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen Balthasar Wicki und Vivien Keiser gerne zur Verfügung.