Keine IP-Klausel im Arbeitsvertrag - kein Urheberrecht für Arbeitgeber
Arbeitnehmer schaffen im Berufsalltag häufig Texte, Pläne, Grafiken oder andere Erzeugnisse, die urheberrechtlich geschützt sein können. Doch wem stehen die Urheberrechte an diesen Erzeugnissen zu?
Fehlt im Arbeitsvertrag eine sogenannte IP-Klausel (Intellectual-Property-Klausel), geht das Urheberrecht nicht automatisch an den Arbeitgeber über. Das kann für den Arbeitgeber unerwünschte Folgen haben, da er die Erzeugnisse beispielsweise nicht vollumfänglich nutzen kann oder vor Gericht keine Urheberrechtsverletzung geltend machen kann.
Nachfolgend wird erläutert, welche Erzeugnisse urheberrechtlich geschützt sein können, wie Urheberrechte entstehen und übertragen werden und welche Risiken bei einer fehlenden IP-Klausel bestehen.
1. Welche Erzeugnisse sind urheberrechtlich geschützt?
Zunächst muss beurteilt werden, ob das vom Arbeitnehmer geschaffene Erzeugnis urheberrechtlich geschützt ist. Das ist im Urheberrechtsgesetz (URG) geregelt. Nach Art. 2 URG sind diejenigen Erzeugnisse geschützt, die als Werke gelten. Vereinfacht gesagt ist ein Werk eine persönliche geistige Schöpfung mit individuellem Charakter, die sich sinnlich wahrnehmen lässt. Beispiele hierfür sind:
Sprachwerke (literarische oder wissenschaftliche Texte)
Akustische Werke (Musik und andere Kompositionen)
Werke der bildenden Kunst (Malereien, Plastiken etc.)
Werke der Baukunst (Bauwerke, Baupläne und Entwürfe)
Werke der angewandten Kunst (Grafik-, Mode- oder Industriedesigns; teilweise durch das Designgesetz (DesG) geschützt)
Fotografische und filmische Werke
Choreografische Werke (Tänze oder Pantomime)
Computerprogramme
Ob ein Werk vorliegt, muss immer im Einzelfall geprüft werden. Die Abgrenzung kann schwierig sein. Wichtig ist, dass ein Werk individuellen Charakter hat. Das Werk darf ausserdem nicht banal sein oder auf einer Routine beruhen. Keine Werke sind daher beispielsweise Telefonverzeichnisse oder Algorithmen.
2. Entstehung und Übertragung von Urheberrechten im Arbeitsverhältnis
Für das Verständnis von IP-Klauseln ist es entscheidend, zu wissen, wie Urheberrechte im Arbeitsverhältnis entstehen und übertragen werden.
Das URG unterscheidet zwischen dem Urheber und dem Rechteinhaber.
Als Urheber gilt nach Art. 6 URG die natürliche Person, d.h. der Mensch, die das Werk geschaffen hat. Es können also nur Menschen Urheber sein. Juristische Personen, also eine AG, GmbH oder andere Rechtsformen, können nicht Urheber sein. Im Arbeitsverhältnis ist der Urheber also immer der Arbeitnehmer. Rechteinhaber hingegen können natürliche oder juristische Personen sein, also auch Arbeitgeber.
Das Urheberrecht an einem neu geschaffenen Werk steht zunächst dem Arbeitnehmer zu. Direkt nach der Schaffung des Werks ist der Arbeitnehmer sowohl Urheber als auch Rechteinhaber. Das bedeutet, dass er grundsätzlich allein über die Nutzung seines Werks entscheiden kann.
Damit der Arbeitgeber Rechteinhaber wird, bedarf es einer vertraglichen Übertragung, typischerweise in Form einer IP-Klausel im Arbeitsvertrag. Eine solche IP-Klausel bestimmt, dass sämtliche Urheberrechte an im Rahmen der Anstellung geschaffenen Werken, einschliesslich zukünftiger Werke, vollständig auf den Arbeitgeber übergehen. Nach erfolgter Übertragung bleibt der Arbeitnehmer Urheber, verliert jedoch die Rechteinhaberschaft und somit die Befugnis, über die wirtschaftliche Nutzung des Werkes zu bestimmen.
Der Arbeitgeber kann nach einer solchen Übertragung das Urheberrecht nutzen. Er kann also beispielsweise das Werk veräussern oder verändern. Ausserdem kann er vor Gericht Urheberrechtsverletzungen geltend machen, wenn eine unberechtigte Person das Werk verwendet.
3. Risiken bei fehlender IP-Klausel im Arbeitsvertrag
Was passiert, wenn der Arbeitsvertrag keine solche Übertragung des Urheberrechts regelt? Fehlt eine solche IP-Klausel, kann dies für den Arbeitgeber erhebliche Nachteile mit sich bringen. Denn ohne eine solche Regelung bleibt das Urheberrecht beim Arbeitnehmer.
Eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten
Ohne Übertragung ist der Arbeitgeber nur im gesetzlich vorgesehenen Umfang zur Nutzung des Werkes berechtigt. Darüber hinausgehende Nutzungen können eine Urheberrechtsverletzung darstellen.
Erschwerte Rechtsdurchsetzung
Möchte der Arbeitgeber eine Urheberrechtsverletzung gerichtlich geltend machen, muss er dem Gericht lückenlos nachweisen, dass er die Rechteinhaberschaft vom Urheber erworben hat. Dieser Nachweis (sog. "chain of title") erfordert eine ununterbrochene Dokumentation sämtlicher Rechteübertragungen. Kann dieser Beweis nicht geführt werden, gilt der Arbeitgeber nicht als Rechteinhaber und ist nicht klageberechtigt.
Wirtschaftliche Risiken
In Branchen mit hohem kreativem Output, beispielsweise im Design oder im Marketing, kann eine fehlende IP-Klausel dazu führen, dass der Arbeitgeber die wirtschaftlichen Erträge aus den von seinen Mitarbeitenden geschaffenen Werken nicht realisieren oder sichern kann.
4. Handlungsempfehlung
Arbeitgeber sollten daher in sämtlichen Arbeitsverträgen eine präzise formulierte IP-Klausel aufnehmen, die sicherstellt, dass sämtliche urheberrechtlich geschützten Werke, welche der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit schafft, automatisch und vollumfänglich auf den Arbeitgeber übertragen werden. Eine solche Regelung sollte auch zukünftige Werke umfassen. Sie sollte ebenfalls klarstellen, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, diese uneingeschränkt zu nutzen, zu verändern, zu vervielfältigen und zu verwerten sowie Urheberrechtsverletzungen durch Dritte abzuwehren.
Nur mit einer klaren vertraglichen Grundlage ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber im Streitfall sowohl die wirtschaftlichen als auch die rechtlichen Interessen an den geschaffenen Werken wirksam schützen kann.
Bei Fragen zur optimalen Gestaltung von IP-Klauseln in Arbeitsverträgen stehen Ihnen Sven Kohlmeier und Arife Asipi gerne zur Verfügung.